| ****** Schon seit Mitte der 60er Jahre war Bob Marley in Jamaika ein erfolgreicher Musiker. Simmer Down war dort sein erster Hit, dem viele folgen sollten. Trotz seiner Bemühungen auch international Fuß zu fassen, ignorierte ihn den Rest der Welt. Der Reggae wurde lange Zeit nicht richtig ernst genommen, galt er doch eher als exotische Stimmungsmusik. Immerhin gab es ab den späten 60er Jahren mit Jimmy Cliff, Desmond Dekker, Dave & Ansel Collins und den Künstlern des rührigen Trojan-Labels wie z.B. The Greyhounds, Bob & Marcia etc., die vor allem in England Top 10 Hits landen konnten. Auch weiße Superstars und Supergruppen nahmen gelegentlich Stücke im Reggaestil oder zumindestens mit Elementen dieser Musik auf, so z.B. Led Zeppelin mit Dyer Maker oder Paul McCartney mit Live And Let Die (in den schnellen Passagen man muß allerdings schon genau hinhören).<br>In Insiderkreisen wurde der Name Bob Marley erstmals 1972 bekannt, als der amerikanische Sänger Johnny Nash seine Komposition Stir It Up zum internationalen Hit machte. Für Bob Marley selber schien sich kein Mensch zu interessieren, seine ersten beiden für den internationalen Markt produzierten Alben Burnin und Catch A Fire schien sich kein Mensch zu interessieren. Experten hingegen waren von dem Musiker und Sänger aus Jamaika begeistert und voll des Lobes. Einem großen Publikum wurde sein Name erstmals 1974 bekannt, als Eric Clapton die Marley-Komposition I Shot The Sheriff zu einem internationalen Tophit machte. Eric Clapton feierte mit dem Sheriff ein glanzvolles Comeback und leitete damit eine bis heute erfolgreich anhaltende Solokarriere ein. Die Musikpresse interessierte sich nun auch für Bob Marley und machte ihn dem europäischen Publikum bekannt. Seinen Durchbruch feierte er 1975 mit zwei Konzerten in London und Los Angeles, die für ihn zu Triumphzügen wurden. Die internationale Musikpresse feierte ihn euphorisch als die neue Sensation, als den Nachfolger von Jimi Hendrix. Mit dem Album Live stießen Bob und seine Begleitband The Wailers vor allem in England auf ein begeistertes Publikum. Mit der Single No Woman No Cry landete er im Oktober 1975 in England seinen ersten Hit. Mit dem 76er Album Rastaman Vibration unterstrich Bob Marley seine Ambitionen als ernstzunehmender Musiker. Auch in Deutschland wurde er wahrgenommen. Die ernstzunehmenden Musikblätter berichteten über ihn und stellten erstaunt fest, daß es auch fernab von Motown und Philly-Soul bzw. Billy Moe und Roberto Blanco farbige Musiker gab, die eine eigenständige Musik machten. Den ersten und besten Bericht über Bob in der deutschen Presse gab es im Musik Joker, einer Zeitschrift, einer Zeitschrift, die ausgerechnet aus dem Axel Springer Verlag kam, der ja bekanntlich nicht gerade für seriöse Berichterstattung bekannt ist. Als Höhepunkt bekam Bob 1976 von der Deutschen Phonoakademie den Deutschen Schallplattenreis für sein 74er Werk Natty Dread in der Sparte Black Music verliehen. Eine Auszeichnung der Deutschen Phonoakademie hatte schon einen besonderen Wert, denn seinerzeit wurden nur echte Qualitätsprodukte ausgezeichnet.<br>1977 legte Bob Marley mit seinen Wailers einen ganz besonderen Knüller vor: Das Album Exodus. Heute wirkt die Titelauswahl des Albums wie eine kleine Best-Of, warf es mit Exodus, Waiting In Vain, Jamming und den später als Singles ausgekoppelten Three Little Birds und One Love/People Get Ready gleich fünf Hits ab. Im Mittelpunkt des Albums steht das Titelstück, ein unglaublich mitreißendes über 7 Minuten langes Stück mit einer geradezu pulsierenden und hypnotisierenden Atmosphäre. In gekürzter Fassung erreichte Exodus als Single im Sommer 1977 die englischen Top 20. Ob man Reggae mag oder nicht, wenn das ekstatische Exodus mit seiner Textzeile Exodus, movement of Jah-People, unterlegt mit Bobs leicht an Jimi Hendrix erinnernden Gitarrenspiel und den kurzen und knappen Bläsereinlagen erklingt, kann man sich seiner Faszination kaum entziehen.<br>Waiting In Vain, als Single im September 1977 ein Top 30 Hit in England, klingt weniger spektakulär, im ersten Moment vielleicht etwas langweilig. Wenn man sich etwas Zeit für dieses Lied nimmt, dann ist es auf seine Art schon eine faszinierende Sache. Anders verhält es sich da mit Three Little Birds, eines der freundlichsten Lieder, das Bob je geschrieben hat. Als Single war es im Herbst 1980 ein internationaler Hit (u.a. Top 20 in England und Nr. 49 in der Bundesrepublik Deutschland). Für One Love/People Get Ready hat Bob Motive von Curtis Mayfields People Get Ready übernommen, die aber im Lied kaum zu vernehmen sind. Seis drum, ein schönes Lied ist allemal. Als posthume Single (Leichenfledderei?) kam One Love/People Get Ready im Mai 1984 bis in die englischen Top 10. Dann ist das noch Jamming, jene Nummer, mit der Bob Anfang 1978 in England seinen ersten Top 10 feiern konnte. Gemessen am Großteil seiner Hits ist Jamming m.E. eine eher fade Angelegenheit. Den Erfolg hat Jamming wohl in erster Linie der B-Seite Punky Reggae Party, ein unglaublich mitreißend, pulsierendes Stück, zu verdanken (eigentlich schade, daß Punky Reggae Party nicht auf Exodus vorhanden ist).<br>Die restlichen Stücke Natural Mystic, So Much Things To Say, Guiltyness, The Heathen und Turn You Lights Down To Low sind typische Albumtitel, allesamt exzellent, die eigentlich nur echten Marley-Fans gefallen dürften.<br>Alles in allen ist Bob Marley mit seinem 77er Werk Exodus ein ganz großer Wurf gelungen, der sowohl musikalisch wie textlich auf der Ganzen Linie überzeugt. Das ein Bob Marley international genau zum richtigen Zeitpunkt auftauchte und welchen Einfluß er auf die Rockmusik ausübte zeigt die Tatsache, daß viele Musiker und Gruppen der New Wave wie z.B. The Police, Specials, Madness, The Beat oder The Selectors Reggae in ihre Musik einbauten. Man kann behaupten, daß eine vernünftige New Wave-Szene ohne Bob Marleys Einfluß kaum stattgefunden hätte. |