****** Eigentlich wollte sich Elton John Anfang 1977 ganz aus dem Showgeschäft zurückziehen. Allerdings dauerte dieser Rückzug nicht lange an, denn bereits Anfang 1978 erschien mit Ego sein erste musikalisches Lebenszeichen seit über einem Jahr. Warum er den Rückzug vom Rückzug machte, wird wohl sein Geheimnis bleiben. Im Herbst 1978 erschien mit A Single Man sein erstes Album seit knapp zwei Jahren. Und die lange Pause hatte ihm nicht geschadet, ist ihm mit diesem Album ein gutes, solides Werk gelungen, das zwar nicht herausragt, aber auch nicht enttäuscht. Wenn man sich einmal die Besetzungsliste der an dieser Produktion beteiligten Leute anschaut, dann stellt man fest, daß sich einiges getan hatte. Von seiner Erfolgsmannschaft der Jahre 1971-1976 war eigentlich nur noch der Percussionspieler Ray Cooper und der Konzertmeister Paul Buckmaster übriggeblieben. Als Produzent agierte neben Elton der Bassist Clive Franks. Die wichtigste Änderung aber war, daß nicht mehr Bernie Taupin sonder Gary Osborne für die Texte zuständig war. Gary Osborne ist ein wirklich hervorragender Texter (was er 1978 u.a. für Jeff Waynes Megaprojekt Jeff Waynes Musical Version Of War Of The Worlds eindrucksvoll unter Beweis gestellt hatte. So gut seine Texte auch sind, sie harmonieren nicht so sehr mit der Musik von Elton John, wie die von Bernie Taupin. Die 11 Stücke auf A Single Man lassen erkennen, daß Elton John sein Pulver zu diesem Zeitpunkt noch lange nicht verschossen hat. Gleich der Opener Shine On Through, eine hinreißende und wehmütig klingende Ballade, macht das deutlich. Ebenfalls sehr gut ist die Ballade Return To Paradise mit dem sehr schönen Gitarrenspiel von Tim Renwick. Die Marimba- und Shakereinlagen von Ray Cooper verleihen dem Stück eine leicht exotische Note. Das schöne Trompetenspiel von Henry Lowther verleihen Return To Paradise sogar einen weihnachtlichen Touch. I Dont Care ist im Stil seiner Klassiker Honky Cat und Bennie And The Jets gehalten und bietet einen soliden Albumtitel, den man sich zwar anhören kann, der aber einen nicht unbedingt vom Hocker reißt. Einen ordentlichen Schuß R&B bietet Big Dipper. Ebenfalls einen ordentlichen Schuß R&B bietet das über 8 Minuten lange It Aint Gonna Be Easy, das, je öfter man es hört, über eine faszinierende Atmosphäre verfügt. Zwar ist It Aint Gonna Be Easy nicht unbedingt ein Glanzlicht im Gesamtwerk Elton Johns, kann es aber mit vielen Albumtiteln der frühen Jahre locker aufnehmen. Part-Time Love, die erste Singleauskopplung aus A Single Man, ist ein solider, sehr eingängiger Poprocker, der ganz in der Tradition seiner großen Hits wie z.B. Island Girld oder Dont Go Breaking My Heart steht, ohne allerdings deren Klasse zu erreichen. Für das vom Discosound dominierte Jahr 1978 ist Part-Time Love allerdings allererste Sahne. Eine sehr schöne Ballade ist Georgia, die durch einen leichten C&W Touch auffällt. Als Backgroundchor agierten die erste Mannschaft von Eltons Fußballverein FC Watford und The South Audley Street Girls Choir. Ebenfalls eine Ballade, aber eine der eher langweiligen Sorte ist Shooting Star. Lediglich das schöne Saxophonspiel von John Crocker macht das Stück erwähnenswert. Madness bietet typischen Mainstream-Poprock der späten 70er Jahre, nicht herausragend und eher unscheinbar, aber toll gespielt. Reverie ist ein kurzes Instrumental von unter 1 Minute und ist das Vorspiel zu dem Stück, das das ganze Album überstrahlt und enorm aufwertet: Das Instrumental Song For Guy, welches Elton John einem verstorbenen Mitarbeiter seiner Crew widmete. In diesem sechseinhalb minütigen Stück packt Elton alles hinein, was ihn in der ersten Hälfte der 70er Jahre zu einem der wesentlichen Superstars der Pop- und Rockmusik gemacht hat. Kurzum, Song For Guy ist eines der besten Stücke, die Elton je geschrieben hat. Als zweite Singleauskopplung war Song For Guy Anfang 1979 ein internationaler Hit und verpaßte zur Jahreswende 1978/79 nur knapp die Topposition der englischen Hitparade. Alles in allen ist A Single Man ein wirklich gutes Album, das m.E. wesentlich besser ist als seine vorausgegangenen Werke Captain Fantastic And The Brown Dirt Cowboy, Rock Of The Westies und Blue Moves. Eigentlich schade, daß A Single Man eher ein Schattendasein in der Elton John Discographie fristet. Dieses wirklich gelungene Album hat weitaus mehr Beachtung verdient!<br> |