| **** Wenn von Hard- und Heavyrock der 70er Jahre die Rede ist, kommt man an Kiss nicht vorbei, auch wenn die Gruppe zur Entwicklung innerhalb der Rockmusik so gut wie gar nichts beigetragen hat. Sie bedienten sich statt dessen hemmungslos gängiger Klischees der Hard- und Heavymusik und klangen eigentlich wie eine Gruppe unter vielen. Dabei stand bei Kiss weniger musikalisches Können als vielmehr die Optik im Mittelpunkt (wobei man anmerken muß, daß die Jungs von Kiss ganz ausgezeichnete Musiker waren, die ihr Handwerk verstanden!). Mit grellen Horrormasken und einer aufpeitschenden Bühnenshow gespickt mit vielen Geschmacklosigkeiten (Feuerspeiende Gitarren, blutüberströmte Gesichter etc.) genossen sie die Sympathien ihrer Fans. Dabei war das Konzept einer Horrorshow nicht neu. Bereits in den frühen 60er Jahre schockierte der britische Rockmusiker Screaming Lord Sutch das Publikum damit, allerdings ohne nennenswerten Erfolg. Anfang der 70er Jahre griff die amerikanische Rockgruppe Alice Cooper dieses Konzept auf. In wilden und hart am Rande der Geschmacklosigkeit gipfelnden Shows wurden sie schnell zu einer der führenden Band des Glamrocks. Mit Stücken wie Im 18, Schools out, Elected, No More Mr. Nice Guy, Hello! Hooray! und Billion Dollar Babies gelang der Gruppe rund um ihren Sänger Vincent Furnier jede Menge Tophits. Dabei muß man bemerken, daß Alice Cooper wirklich gute Rockmusik machte und mit teilweise grandiosen Alben glänzte.<br>Es war nur eine Frage der Zeit, wann eine weitere Gruppe mit diesem Konzept Erfolg haben würde. Gegründet wurden Kiss 1973 in New York von Ace Frehley (Gitarre/Gesang), Paul Stanley (Gitarre/Gesang), Gene Simmons (Baß/Gesang) und Peter Criss. Das noch junge Label Casablanca witterte das große Geschäft und nahm die junge Band unter Vertrag. Eine gute Entscheidung des Management, denn gleich die erste LP Kiss und die Single Kissin Time machte die Gruppe in den USA bekannt. Besonders bei einem jugendlichen Publikum kam das grelle Make-up der Schockrocker gut an. Schnell wurde man auch in Europa auf Kiss aufmerksam. Auch wenn sie hier zunächst keine Hits landen konnten und sich ihre Alben nur mäßig verkauften, so gehörten sie mit ihren Konzerten zu den gefragtesten Rockgruppen jener Zeit. Den Jugendlichen störte es herzlich wenig, daß Kiss von den Kritikern für ihre recht simple und Musik meist nur Hohn und Spott erntete. In den USA wuchs ihre Fangemeinde mit jedem neuen Album: Hotter Than hell (1974), Dressed To Kill (1975), Alive (1975) und Destroyer (1976) wurden jeweils mit Gold ausgezeichnet. Mit Kissin Time (1974) und Rock And Roll All Nights (1975) landete die Gruppe ihre ersten beiden bescheidenen Hits, bevor ihnen Ende 1975 die Liveversion von Rock And Roll All Night den ersten Top 20 bescherte und sie im Herbst 1976 mit Beth den ersten Top 10 feiern konnte. Weitere Hits in den USA waren 1977 Hard Luck Woman, Calling Dr. Love, Christine Sixteen und Love Gun, sowie 1978 mit der Liveversion von Shout It Out Loud.<br>Darüber hinaus war Kiss eine recht fleißige Gruppe, erschienen zwischen 1974 und 1977 immerhin 8 Alben (6 Studio- und 2 Livealben). So war es nur ein Frage der Zeit, wann der Sampler von Kiss erscheinen würde. Dieser hieß Double Platinum und erschien 1978. Auf 4 LP-Seiten präsentiert Double Platinum neben den Hits Rock And Roll All Nights, Beth, Hard Luck Woman, Calling Dr. Love und Love Gun einen Querschnitt durch ihr bisheriges Schaffen. Unter den Stücken ist kein Ausfall dabei, allerdings wissen neben den Singlehits Beth, Hard Luck Woman und Love Gun lediglich die mächtig abgehenden Rocker God Of Thunder und Strutter zu überzeugen. Der Rest ist eher biedere Hausmannskost, allerdings gut gespielt und sehr sauber produziert. Wenn man in den frühen 70er Jahren Hard- und Heavyrock durch Gruppen wie Deep Purple, Black Sabbath, Led Zeppelin, Grand Funk Railroad, Uriah Heep, UFO, Status Quo, Thin Lizzy oder Alice Cooper kennen- und schätzengelernt hat, wird man bei der doch recht simpel gestrickten Musik von Kiss dankend ablehnen. Auch mit den Heavy-Metal-Gruppen der zweiten Generation wie Judas Priest, AC/DC, Iron Maiden, Saxon und Scorpions kann Kiss nicht ansatzweise mithalten. Überhaupt muß man einmal feststellen, daß wenn Ace Frehley, Paul Stanley, Gene Simmons und Peter Criss ohne ihr Make-up aufgetreten wären, die Gruppe kaum einer zur Kenntnis genommen hätte.<br>Man kann Kiss allerdings zugute halten, daß sie eine enorm gute Livegruppe waren und das bei ihnen im Gegensatz zu den meisten Gruppen ihrer Richtung auch stets eine Portion Humor im Spiel war. Vieles von ihnen wirkt fast augenzwinkernd, wie eine Parodie. Bei vielen Stücken merkt man einfach den Spaß, der dahintersteckte. Betrachtet man Kiss aus dem Blickwinkel des Rockkabaretts, dann war das schon eine gelungene Sache.<br>Wenn man sich Double Platinum anschafft, ist man bestens bedient und braucht sich ihre Werke der Jahre 1974-1977 nicht anschaffen. Last edited: 16.05.2008 16:19 |
| *** Kiss waren bzw. sind eine Gruppe, die mir eigentlich nie so recht zugesagt hat. Zwar haben sie hin und wieder mal recht gute Stücke veröffentlicht, im Gegenzug gab es auch dreimal so viel Mist. Musikalische Unzulänglichkeiten haben die Jungs dann mit jeder Menge optischen Klimbim auszugleichen versucht. Und so bewegt sich dieses Best Of-Album von 1978 genau auf Linie zwischen recht gut und na ja. Im Prinzip hätte eine LP ausgereicht, um ihre guten Stücke bzw. Hitsingles der Jahre 1974 bis 1977 zu präsentieren. So gibt es zwischen wirklich starken Stücken wie "Strutter", "Beth", "Hard Luck Woman", "Love Gun" oder "God Of Thunder" auch reichlich Durchschnittsware wie etwa "Let Me Go, Rock 'N' Roll", "Calling Dr. Love", "Deuce" oder "I Want You". Rein objektiv betrachtet bewegt sich "Double Platinum" zwischen 3 und 4 Sternen, wobei ich es bei 3 Sternen belasse, weil sich auf den 4 LP-Seiten doch einiges, für ein Best Of-Album wenig taugliches Material tummelt. |