***** Es gibt nicht viele Gruppen, die in ein und der selben Besetzung über einen langen Zeitraum erfolgreich zusammengespielt haben. Einer dieser wenigen Bands ist The Who. Seit ihrem ersten Auftauchen in den frühen 60er Jahren spielten sie in der Besetzung Pete Townshend, Roger Daltrey, John Entwistle und Keith Moon. Und in genau dieser Besetzung spielten sie 1978 das Album Who Are You ein, ihrem ersten Werk seit fast 3 Jahren. Die lange Sendepause und die diversen Soloaktivitäten von Roger Daltrey (er hatte u.a. die Solohits Giving It All Away, Come And Get Your Love und Avenging Annie), Pete Townshend und John Entwistle nährten die Gerüchte, The Who hätten sie sang- und klanglos aufgelöst. Um so überraschender war dann 1978 ihr Comeback mit dem Album Who Are You, das die Gruppe in erstaunlich frischer Form präsentierte. Zwar hält das Album mit ihren überragenden Werken der Jahre 1969-1973 nicht stand, aber als Alterswerk einer in die Jahre gekommener Supergruppe ist es wirklich gut. Stücke wie New Song, Had Enough, 905, Sister Disco, Music Must Change, Trick Of The Light, Guitar And Pen und Love Is Coming Down zeigen einmal mehr, das The Who zu diesem Zeitpunkt nichts von ihrer Attraktiviät eingebüßt haben. Und mit Titelstück Who Are You warf das Album sogar einen kapitalen, wenn auch etwas überraschenden Singlehit ab (in den USA kam Who Are You sogar bis in die Top 10). Ein überraschender Erfolg deshalb, weil zum Zeitpunkt von Who Are You Discosound, Punk und New Wave das Musikgeschehen bestimmten und Altstars nur dann eine Chance hatten, wenn sie sich dem Zeitgeschmack anpaßten. Bestes Beispiel dafür sind die Stones mit Stücken wie Miss You und Emotional Rescue. Pete Townshend & Co. schienen Trends überhaupt nicht zu interessieren und so spielten sie das, was sie am besten konnten und zwar gute und gescheite Rockmusik. Und sie klangen zum Zeitpunkt von Who Are You erstaunlich frisch. Allen voran Roger Daltrey, dessen Stimme immer noch so klang wie zu Zeiten von Tommy, Wont Get Fooled Again oder Love, Reign Over Me. Besonders deutlich wird das beim Hit Who Are You, wo Daltrey kraftvoll wie in besten Zeiten seine Stimmbänder strapaziert. Zugegeben, anfangs mochte ich dieses Stück nicht so sehr, aber mittlerweile ist es in meine persönliche Who Top 10 aufgestiegen. Interessant an dem Stück ist, daß Andy Fairweather Low im Hintergrund mitsingt und Rod Argent Piano spielt. Im Gesamtwerk der Who nimmt das Album m.E. einen soliden Mittelplatz ein, als Alterswerk einer in die Jahre gekommenen Supergruppe ist es hingegen vorzüglich. Wenn man Who Are You nicht an den großen Werken der Gruppe mißt, dann bekommt man solide, vorzügliche Musik geboten. In der Bandhistorie nimmt Who Are You eine Sonderstellung ein, nicht weil es das beste Album von The Who ist, sondern weil es ihr letztes Album in der Originalbesetzung ist. Am 07.09.1978, knapp zwei Wochen nach seinem 32. Geburtstag, starb Schlagzeuger Keith Moon an einer Überdosis Heminervin, einem Beruhigungsmittel, das ihm sein Arzt verordnet hatte. So hat Keith die wohl bekannteste Zeile eines Who Liedes "in die Tat umgesetzt": Hope I Die Before I get Old. Nach längerem Überlegen holten Pete Townshend, Roger Daltrey und John Entwistle Kenny Jones, ehemals bei The Small Faces und The Faces, als neuen Schlagzeuger in die Band. Auch wenn Kenny ein guter Ersatz für Keith war, so konnte er ihn nie ersetzen. |