***** Im Winter 1977/78 bzw. Frühjahr 1978 erlebten Uriah Heep die wohl erfolgreichste Phase ihrer (mittlerweile langen) Bandgeschichte. Allerdings war der Erfolg weniger ihres im Herbst 1977 veröffentlichten Albums Innocent Victim als vielmehr dem unerwarteten Erfolg der Wiederveröffentlichung ihres 71er Hits Lady In Black zu verdanken, die Ende November 1977 in die deutschen Top 10 einzog und bis auf Platz 5 vorstieß. Im Kielwasser dieses Erfolges wurde auch das brandneue Album Innocent Victim zu einem immensen Erfolg. Und das völlig zurecht, auch wenn das Werk nicht an die Qualität ihrer Alben der Jahre 1970-1972 anknüpft. Während das Publikum ihre Heeps liebte, ließen die Musikjournalisten kein gutes Haar an der Gruppe und zerrissen ihre Alben förmlich in der Luft. In England tobte die Punk- und New-Wave-Revolution und das wirkte eine Gruppe wie Uriah Heep mit ihrer konservativen Rockmusik wie ein ärgerlicher Dorn in ihren Augen. Innocent Victim beginnt mit Keep On Ridin, einem Poprocker amerikanischen Zuschnitts, der auch von den Les Humphries aus ihrer besten Zeit stammen könnte, was nicht zuletzt an dem Gesang von John Lawton und dem harmonischen Chorgesang im Hintergrund liegt. Nichts desto Trotz bietet Keep On Ridin mitreißenden Poprock mit enormen Hitqualitäten. Poppig geht es mit Flyin High, ein Stück das so klingt, als stamme es aus den späten 70er, frühen 70er Jahre. Diese ersten beiden Stücke beweisen, daß sich Uriah Heep für ein großes, nicht unbedingt auf Rockmusik fixiertes Publikum öffneten. Der Rocker Roller weist leichte Funkelemente auf, kann aber nicht so recht überzeugen und klingt eher wie ein Albumfüller. Free N Easy ist ein knallharter, treibender Rocker in bester Uriah Heep Tradition. Das keyboardlastige Illusion ist eine streckenweise verträumt anmutende Ballade, wie sie nur eine Gruppe vom Kaliber Uriah Heeps zaubern kann. Daneben klingt Illusionen wie eine dieser hinreißenden Balladen von den Scorpions. Allerdings hätten Klaus Meine, Rudolf Schenker & Co. aus diesem Titel wesentlich mehr herausgekitzelt. Free Me ist schlichtweg das wohl beste Stück aus Innocent Victim. Das leicht melancholisch wirkende Stück gehört definitiv zu den besten und schönsten Stücken im Gesamtwerk von Uriah Heep. Als Single ausgekoppelt erreichte Free Me im Kielwasser des Erfolges von Lady In Black Anfang Februar 1978 einen Platz 9 in den deutschen Charts. Cheat N Lie erinnert mit seiner flirrenden Gitarre zu Anfang etwas an Bostons More Than A Feeling. Was ist den einzelnen Strophen vor sich dahinplätschert, weiß vor allem im mitreißenden Refrain zu überzeugen. The Dance ist ein gemäßigter Rocker, der in seinen Instrumentalpassagen etwas an Return To Fantasy aus dem Jahre 1975 erinnert. Gesanglich kann John Lawton hier nicht voll überzeugen, wahrscheinlich wäre The Dance mit David Byron als Sänger ein echter Knaller. Eine weitere Parallele zu den Scorpions offenbart Choices, ein Stück mit melancholischen Passagen und donnerndem Rock. Als Einheit weiß Innocent Victim zu überzeugen, was nicht zuletzt an dem prachtvollen Free Me liegt. Allerdings zeigt das Album auch, daß sich die Gruppe durch die Aufnahme von Popelementen etwas verzettelte, was ihnen wenig später sprichwörtlich das Genick brach, weil sie von den Rockfans als Popgruppe abgestempelt wurde und von Popfans als zu rockig eingestuft wurden. |